"Die erste Differenzierung beim Übergang
vom Einzeller zum Vielzeller betrifft die Trennung der generativen von
den vegetativen Funktionen" (Wehner). Eine solche Differenzierung
findet man aber auch bei Einzeller, wie bei den Ciliaten, wo die Keimbahn
auf den Mikronukleus beschränkt ist.
Der besprochene Übergang erfolgte auf zwei Arten: (a) durch Aggregation
vieler isolierter Einzelzellen zu einem geordneten Zellverband und (b) Bildung
eines vielzelligen Organismus durch mehrfache Teilung einer Einzelzelle.
Die Keimbahn ist im Tierreich weit verbreitet:
vorhanden |
fehlend |
Nematoden |
Colenteraten |
Arthropoden |
Plathelminthes |
Vertebraten |
Schwämmen |
Protocoen (Ciliaten) |
Pflanzen! |
Gründe für die Vielfalt sind:
- phylogenetisch entstanden (monophyletisch)
= Stammesgeschichtlich sehr alt, 1. Differenzierungschritt*)
- Keimbahn & Immortalität
- Protocoen: als Individuum sterblich, nicht aber potentiell
- Metacoen: nur Keimbahn ist potentiell unsterblich, nicht aber
Soma
Spezifisch differenzierte sich die Keimbahn des Volvox im Innern des Lebewesens
und dient absolut der Fortpflanzung. Dahingegen sind die Somazellen in
der Peripherie lokalisiert. Ihre Aufgabe liegt allgemein in der Ernährung,
Fortbewegung etc.
Keimbahn & Soma bei den Insekten
Fallbeispiel Drosophila melanogaster (Fruchtfliege), Embryo: Blastoderm
ca. 6'000 Zellen
Vergleich zu Experiment nach R. Geigy (1931)
Dazu die Gegenüberstellung der beiden Fälle (norm-mut.)
Aus diesem Experiment können gesamthaft vier Schlüsse gezogen
werden: (1) die Keimzellen sind extragonadal, (2) sie können als Polzellen
lokalisiert werden, (3) Keimzellen wandern sekundär zum Gonadensoma
und (4) sie können nicht durch Somazellen ersetzt werden (ohne Einfluss
auf Differenzierung).
Keimbahn & Soma bei den Vertebraten
a) Amphibien; Fallbeispiel: Rama temporaria
b) Vögel; Fallbeispiel: Gallus (Huhn)
c) Mammalia; Fallbeispiel: ...
Vergleich der weiblichen und männlichen Gametogenese
Fallbeispiel: Säuger
› zeitliche Dauer der gonadalen Vermehrungsteilung
für ♀: embryonal bis zum 3 Fötalmonat (=7 Mio Oocyten I)
für ♂: embryonal bis zum Tod
› zeitliche Dauer der meiotischen Teilung
für ♀: Pubertät bis zur Menopause (wobei der Beginn der Meiose
im 3. Fötalmonat bis Diktiotän)
für ♂: Pubertät bis zum Tod
› meiotische Zellteilung:
für ♀: eine grosse Oocyte und drei Polkörperchen
für ♂: vier morphologisch gleiche Spermien
NB: Diese Angaben sind insofern interessant, als dass sie genetisch Relevanz
gewinnen. In der Tat korrelieren Genmutationen (signifikant häufig)
mit älteren Spermien, gleichfalls wie mit älteren Oocyten, aufgrund
eventueller schädlicher Stoffwechselprodukte.
Fertilisation
Folgt der Begattung (bzw. Kopulation), mit welcher die Einführung
von Spermien in den weiblichen Genitaltrakt gemeint ist. Die Kopulation
entfällt in diesem Sinne bei äusserer Befruchtung. Allerdings
meint Kopulation im biologischen Jargon die völlige Verschmelzung
zweier verschiedengeschlechtiger Keimzellen bei der Befruchtung. Die Befruchtung
(F.) kann als Zellfusion (Syngamie) aufgefasst werden und unterteilt sich
in zwei Schritte: (a) Besammung, womit das Eindringen des Spermiums in
die Oocyte umschrieben wird und (b) die Kernfusion (Karyogamie).
Die Befruchtung kann sowohl äusserlich wie auch innerlich erfolgen.
Die äussere Fertilisation kann nur in einem entsprechenden Milieu
stattfinden, welches a priori nur Wasser sein kann. Durch äussere
Befruchtung zeugen u.a. Seeigel, Fische, Frösche und Kröten ihre
Nachkommen. Die innere Befruchtung findet man v.a. bei Landtieren, daneben
auch im Wasser. Beispiele hier sind Urodilien (also Molche), Vögel,
Säuger, Insekten und Spinnen.
Oocyte
Die Reservestoffe machen die Oocyte so gross. In der Regel weisen sie
eine polare Struktur auf, z.B. bei Amphibien (vgl. Schema weiter unten).
Daneben verfügt sie über artspezifische Oberflächenrezeptoren
für das Spermium. Sie ist zur Membranfusion befähigt.
Nicht selten besitzt die Oocyte Hüllen als mechanischen Schutz bzw.
Schutz vor Dehydration:
a) primäre Eihüllen: im Ovar gebildet (entweder von Ei- oder
Follikelzellen)
z.B. Vitelinschicht beim Seeigel
b) sekundäre Eihüllen: von Ausführgängen, d.h. Ovidukt oder
Uterus gebildet
z.B. Galert-/Klebehülle bei Amphibien
Spermium
Es ist vergleichsweise klein, wohl weil es nur den haploiden Chromosomensatz
zu liefern hat, wohingegen die Eizelle noch Nahrung bieten muss.
Grössenverhältnisse: Kopf 2-5 nm
Mittelstärke 3-5 nm
Schwanz 30-50 nm
Diese Daten betreffen den Menschen. Anbei sei gesagt, dass der Schwanz aus zwei
zentralen und neun randständigen Fibrillen gebildet wird.
Voraussetzungen für die Funktion sind: (1) Beweglichkeit/Mobilität,
(2) artspezifische Rezeptoren an der Oberfläche zur Erkennung, (3) Fähigkeit
zur Auflösung der eigenen und der Eimembran, was mit Hilfe des Acrosoms,
sowie Enzymen und dem Golgiapparat geschieht und (4) Fähigkeit zur Membranfusion.
Es gibt auch andere Formen als die vom Menschen her bekannte, vgl. Schema.
Fallbeispiel Seeigel
die Kortikalreaktion dauert ungefähr 30 Sekunden und kann die Polyspermie
als solche nicht adäquat verhindern, also muss schon beim Druchbruch
eine physiologische Sperre entstehen.
Unterschiede zum Menschen: (a) kein Acrosomfaden, (b) kein Befruchtungshügel
und (c) keine Fusion der ♀/♂ Vorkerne, sondern nur Addition haploider
Chromosomensätze.
Die befruchtet Eizelle, Zygote
a) Totipotenz
› experimentelle Embryologie: gilt dies auch für einzelnen ♂/♀ Gameten?
In vielen Fällen ja, (z.B. Amphibien);
vgl. experimentelle Parthenogenese: Andromerogone (entkernte Eizelle + Spermium
= nur männliches Genom), funktioniert so nicht bei den Säugern, beide
Vorkerne sind essentiell für die normale Entwicklung (ebensowenig reicht
das Duo eines einzelnen Gamenten, was bimaternal bzw. bipaternal genannt würde)
Beweis: Kerntransplantationsversuche.
b) Polarität
› Fallbeispiel Amphibien: zumeist animal - vegetativer Gradient, bezüglich
Pigmentierung bwz. Dotter
› Fallbeispiel Drosophila: Körperachse schon bei unbefruchteter
Eizelle festgelegt (bez. anterior/posterior, dexter/sinister, ventral/dorsal,
positionelle Infromationen)
c) Umlagerung des Eicytoplasma
› Fallbeispiel Amphibien:
d) Dottermenge & -Verteilung
Betrifft in erster Linie Organismen, die ihre Nachkommen nicht austragen bzw.
keine Plazenta haben. Entsprechend entfällt die Analogie zum Menschen,
der zu den Säugern gehört. Es wird hier der Vollständigkeit
wegen erwähnt.
Der eigentliche Befruchtungsvorgang ist ein komplexer Ablauf verschiedener
Einzelschritte. Es würde zu weit führen, ihn an dieser Stelle
zu Besprechen. Zur Hilfe sei auf Wehner: Zoologie
(S. 185-193) verwiesen, wo die Befruchtung und Umorganisation des Eicytoplasmas
nochmals ausführlich besprochen wird. Greifen Sie auch auf bereits
erworbene Kenntnisse in Embryologie zurück. |