Zu den Gefäßen der Mikrozirkulation
gehören die Arteriolen, die terminalen Arteriolen, die Metarteriolen,
die Kapillaren, die postkapillären Venolen und die Venolen. Man kann
arteriovenöse Anastomosen in einigen terminalen Strombahnen finden.
Einen Gesamtqerschnitt von 0,2-0,4 m2 und ein efektive Austauschfläche
von etwa 300 m2 (Durchmesser 4-5 mm) haben die 8-10 Milliarden durchströmten
Kapillaren des Menschen in Ruhe. Hauptsächlich durch Interzellularspalten
erfolgt der Stoffaustausch bei den Kapillaren vom kontinuierlichen Typ.
Durch die Dichte und die Anordnung der interzellulären Verbindungsleisten
(tightjunctions) wird das Ausmaß der Permeabilität bestimmt.
Durch intrazelluläre Poren (50-60 nm›, 100-1000x permiabler
für Wasser, z.B. Niere) können Stoffe bei den fenestrierten Kapillaren
ausgetauscht werden. Bei den diskontinuierlichen Kapillaren erfolgt dies durch inter-
und intrazelluläre Lücken (0,1 - 1 mm, z.B. Milz, Knochenmark).
Die gesamte Endothelfläche der Kapillaren und postkapillären
Venolen wird genutzt, um lipidlösliche Stoffe durch Diffusion
auszutauschen (durchblutungsbeschränkt). Die Passagewege der Poren
und Interzellularspalten beschränken dagegen den diffusiven Transport
von Wasser und wasserlöslichen Stoffen (diffusionsbeschränkt).
Vom Verhältnis Molekül- zu Porengröße hängt dabei
der effektive Diffusionskoeffizient ab. Die kleinen Poren (Radius: 5 nm)
bilden für Makromoleküle eine Schranke, während andere Moleküle,
wie Glukose, bei der Wandpassage kaum behindert werden (Konzept der molekularen
Siebung). Man nimmt an, dass auch große Poren (Radius:20-30 nm,
1:12000) vorhanden sind, die durch Fusionierung von Membraninvaginationen
entstehen könnten, weil Plasmaproteine und damit auch Immunglobuline
und proteingebundene Substanzen in das Interstitium gelangen. Eine Auswärtsfiltration wird durch die hydrostatische Druckdifferenz zwischen
Kapillare und Interstitium beim FIüssigkeitsaustausch bewirkt, die
kolloidosmotische Druckdifferenz bewirkt zwischen Blutplasma und interstitieller
Flüssigkeit eine Einwärtsfiltration (Reabsorption).
Man muss bei
der Berechnung des pro Zeiteinheit filtrierten Volumens (Starling-Gleichung)
noch den Filtrationskoeffizienten und den Reflexionskoeffizienten berücksichtigen.
Die Reabsorption (im venösen Schenkel) wird von der Auswärtsfiltration
(im arteriellen Schenkel) der Kapillaren überwogen. Im gesamten Organismus
werden etwa 20 l/Tag filtriert, aber nur 18 l/Tag reabsorbiert; der Rest
von 2 l/Tag wird über die Lymphgefäße abtransportiert. Ödeme,
also pathologische Flüssigkeitsansammlungen im Interstitium oder in
den Zellen, können entstehen bei Erhöhung des kapillären
Blutdrucks (z. B. kardiales Ödem), bei Minderung des kolloidosmotischen
Drucks im Plasma (z. B. Hungerödem), bei gesteigerter Permeabilität
der Kapillarwände (z. B. Entzündungsödem) oder bei Störung
des Lymphabflusses (regionales Lymphödem). Auf Grund der Tatsache,
dass das Interstinum nur schwer dehnbar ist und der Abfluss auf das
Aufkommen eingestellt wird; sind Ödeme aber seltener als zu erwarten
wäre.
In das Venensystem münden größere Lymphgefäße,
die als Ductus thoracicus und als Ductus lymphaticus dexter bekannt sind.
Ebenfalls zum Lymphgefäßsystem gehören die Lymphkapillaren,
deren Endothelien gut permeabel sind. Das Einschwemmen schädlicher
Substanzen in das Blut wird durch die eingeschalteten Lymphknoten verhindert.
Proteine, die in der überschüssigen interstitiellen Flüssigkeit
sind, werden in die Lymphkapillaren aufgenommen und durch rhythmische Kontraktionen
der glatten Muskulatur der größeren Lymphgefäße zu
den Venen transportiert. Der Rückfluss wird durch zahlreiche Klappensysteme
verhindert. Der Transport kann durch Kontraktionen der Skelettmuskulatur
beschleunigt werden. Die Lymphe ist aufgrund ihres Fibrinogengehaltes gerinnungsfähig
und enthält etwa 3-4 % Proteine und intestinal aufgenommene Lipide.
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