Die beiden wichtigsten Evolutionsfaktoren sind Mutation und Selektion. Während die Mutation zufällig und ungerichtet eine Verbesserung der Anpassung bewirkt, wird durch die Selektion die Richtung bestimmt.
Verhaltensweisen unterliegen ebenfalls der Evolution, können aber auch Evolutionsprozesse verursachen. So z. B. durch die Wahl eines anderen Lebensraumes. Dadurch verändern sich die Selektionsbedingungen, was langfristig zu neuen evolutiven Anpassungen führt.
Eine Verhaltensweise setzt sich durch, wenn sie dem Individuum Vorteile bringt und sich damit dessen Nachkommenzahl erhöht.
Verhaltensgenetik
Jedes Verhalten stellt eine Anpassung an die Umwelt dar, die dazu dient, das Überleben zu sichern und sich in der Evolution bewährt hat.
Nur wenn die Kosten < Nutzen sind, kann sich eine Verhaltensweise durchsetzen.
Der Selektionsvorteil einer Verhaltensweise wird über der Anzahl der überlebenden
Nachkommen bestimmt.
Die Selektion belohnt das Überleben von Genen, nicht das des Individuums.
Steigerung der Fitness
Fitness= Beitrag eines Individuums, den es zum Genbestand der folgenden Generation liefert. Der Genpool hält ein Reservoir von Genen bereit, von denen jedes nur einen kleinen quantitativen Effekt in eine Richtung ausübt. Im Selektionsprozeß überleben nur die am besten angepaßten und erfolgreichsten genetischen Varianten einer Art. Im Verlauf der Generationenfolge ergibt sich somit eine immer bessere Anpassung der Art. Fitness wird gemessen an der Anzahl der überlebenden fortpflanzungsfähigen
Nachkommen.
Durch indirekte Fitness , d.h. Verwandte, die keine eigenen Nachkommen haben, unterstützen solche mit Nachkommen. Wächterinnen opfern sich für das Überleben des Stocks. Da Verwandte, je nach Verwandtschaftsgrad, die gleichen Gene haben, kommt das altruistische Verhalten auch den eigenen Genen zugute. (Geschwister ½ gleiche Gene, Halbgeschwister nur noch ¼,
Cousins noch 1/8 ) (Anzahl der Nachkommen der Verwandten)
Durch direkte Fitness (Anzahl der eigenen Nachkommen)
Gesamtfitness setzt sich aus den Punkten 1. und 2. zusammen.
Unter Anpassung versteht man die Veränderung des Phänotyps, die zu einer verbesserten genetischen Eignung führt. Verhaltensanpassungen können sowohl genetisch
verankert, als auch lernbedingt sein.
Als Strategie bezeichnet man die evolutive Lösung von Anpassungsproblemen
Formen der Fitness:
Als Individualfitness bezeichnet man die Optimierung der Leistungsfaktoren eines Individuums. Die Natürliche Auslese setzt am Phänotyp an. Nur genetisch verankerte Anpassungen können auf die Nachkommen übertragen werden.
Ökologische Fitness, darunter versteht man die Anpassung des Individuums an seinen natürlichen Lebensraum.
Reproduktive Fitness, darunter versteht man die Anzahl der fortpflanzungsfähigen Nachkommen
Selektion
Diese beruht auf Häufigkeitsverschiebungen von Genen innerhalb einer Population, dadurch kommt es in der Generationenfolge zu einer immer besseren Anpassung.
Die Verhaltensökologie befaßt sich mit der Frage nach dem Einfluß der Verhaltensweise auf die Fitness eines Individuums. (=Ultimate Faktoren des Verhaltenes)
Die Selektion setzt am Phänotyp an. Solche Veränderungen im Phänotyp können genetisch oder auch lernbedingt sein. Vererbt werden aber nur genetisch bedingte Veränderungen.
Jede Verhaltensweise bringt auch einen Selektionsnachteil mit sich und kann sich nur durchsetzten, wenn die Kosten-Nutzen-Analyse (Optimalitätsanalyse) positiv ausfällt.
Bsp.: Balzender Vogel wird sowohl für das andere Geschlecht, als auch für Freßfeinde auffälliger
Verschiedene Arten der Selektion
häufigkeitsabhängige Selektion
Bsp.: Beschädigungskämpfer bei Hirschen
Beschädigungskämpfer töten den Gegner, wohingegen die Commentkämpfer dies nicht tun und können sich dann mit dem Weibchen paaren. Commentkämpfer sterben aber nicht aus, da sie den Beschädigungskämpfer meiden.
Je größer die Anzahl der Beschädigungskämpfer wird, um so kleiner wird der Vorteil, der daraus entsteht (hohe Wkt., daß Besch. auf Besch. trifft).
Bsp.: Als Satelliten bezeichnet man Frösche, die nicht quaken.
Steigt Zahl der Satelliten, so werden auch weniger Weibchen angelockt, der Vorteil des Nicht-Quakens geht zurück. (ESS)
Bsp.: Grillen locken die Weibchen durch Singen an. Parasiten haben sich darauf spezialisiert, dem Gesang zu folgen und in die Grille Ei abzulegen. Die Männchen, die nicht singen profitieren von den Sängern und werden nicht von den Parasiten befallen.
ESS (= Evolutionär Stabile Strategie) = wenn zwei Strategien über mehrere Generationen hinweg zum gleichen Erfolg führen, bleiben beide über Generationen hinweg erhalten. (vgl. Satellitenfrösche)
interspezifische Selektion
Die Veränderung im Jagdverhalten des Jägers kann die soziale Struktur und das Fortpflanzungsverhalten der Beutetiere verändern.
Bsp.: Gubbys treten in Gewässern, in denen Zahnkarpfen leben, nicht in Schwärmen auf.
Verwandtenselektion
Altruistisches Verhalten kommt ausschließlich Verwandten zugute, mit denen die Individuen einen Großteil der Gene gemeinsam haben.
Bsp.: Bienen = Wächterinnen opfern sich für das Überleben des Volkes, können sich selbst aber nicht fortpflanzen. Das ganze Volk stammt von der Königin ab.
konstruktive Selektion
Dadurch wird die stetige Verbesserung der Anpassung an die Umwelt erreicht.
stabilisierende Selektion
Durch die Auslese von weniger gut angepaßten Individuuen wird die Aufrechterhaltung des einmal erreichten Standards gewährleistet.
künstliche Selektion
Darunter versteht man die gezielte Zucht von Tieren mit besonderen Eigenschaften.
sexuelle Selektion
= Siehe auch Kapitel Evolution des Sozialverhaltens
Modelle der Verhaltensökologie
Parameter der Anpassung:
Währung = Maximierung der Energie oder der Nachkommenzahl
Randbedingungen = Qualität der Nahrung
Qualität des Reizes
Freßrate
Anzahl der verfügbaren Weibchen und Männchen
Anzahl der Konkurrenten oder Räuber
Entscheidungsvariablen = Weiterfressen oder neue Nahrung suchen
Revier verteidigen oder nicht
Weiterfressen oder fliehen wenn Feind auftaucht
Bei Aufzucht mithelfen oder sich mit neuen paaren
Die Maximierung wird durch die Randbedingungen eingeschränkt. Dem evolutiven Nutzen einer Verhaltensweise stehen die Kosten gegenüber. Eine Verhaltensweise kann sich auf Dauer nur dann durchsetzen, wenn die Kosten-Nutzen-Analyse positiv ausfällt.
Optimalitätsmodelle
In sog. Optimalitätsmodellen versucht man mathematisch zu beschreiben, wie sich optimal angepaßte Tiere verhalten sollten. Die Tiere werden dabei als Entscheidungsträger gesehen und man nimmt als Maß für die Güte der Anpassung die Anzahl der fortpflanzungsfähigen Nachkommen.
Bsp.: Elche, die sich von einer Mischung aus Landpflanzen (energiereich aber natriumarm) und Wasserpflanzen (energiearm aber natriumreich) ernähren.
Problem: Deckung des Energiebedarfs aus Wasserpflanzen ist nicht möglich, da die Pflanzen zu energiearm sind, die Magenkapazität der Elche nicht ausreichen würde.
Die ausschließliche Ernährung von Landpflanzen würde zu einem Natriummangel führen.
Das optimale Mischungsverhältnis ergibt sich aus dem Natrium- und dem Energiebedarf und der Magenkapazität.
Bsp.: Anzahl der Würmer im Maul von Staren.
Zahl der Würmer ist abhängig von der Entfernung der Nahrungsquelle zum Nest. Werden viel Würmer in den Schnabel genommen, verliert der Vogel auch einige, ebenso verlängert sich die Suchzeit. Es lohnt sich für den Vogel nur bei großen Entfernungen den Schnabel sehr voll zu machen.
Bsp.: Vögel, die in Hecken leben haben nur ein begrenztes Nahrungsangebot, sind dafür aber sicher vor Feinden. Auf dem freien Feld ist das Nahrungsangebot größer, die Gefahr, Freßfeinden zum Opfer zu fallen, aber auch.
Bei Nahrungsknappheit entscheiden sich mit zunehmender Dauer der Hungerphase immer mehr Vögel, sich statt von den Reserven, auf dem freien Feld zu ernähren.
Problem der optimalen Schwarmgröße
Diese ist abhängig von der Faktoren:
Aufmerksamkeit(z.B. um zu sichern) = nimmt für den einzelnen Vogel mit der Größe ab
Futterstreit = nimmt mit der Größe zu
Fressen = kann nur in Zeiten erfolgen, in denen nicht gekämpft oder bewacht wird.
= aus diesen Faktoren ergibt sich die optimale Gruppengröße nach der Strategie: Möglichst hoher Energiegewinn bei maximaler Sicherheit und möglichst geringen Energiekosten.
Konkurrenz
Man unterscheidet 2 Formen der Konkurrenz:
Ausbeutungskonkurrenz
Diese findet meist dann statt, wenn viel Nahrung vorhanden ist. Entscheidend sind hierbei Schnelligkeit und Geschick. Keine Aggression, es wird versucht möglichst viel zu fressen .
Interaktionskonkurrenz
Bei attraktiver Nahrung und geringer Nahrungsdichte tritt diese Art der Konkurrenz auf. Dabei wird versucht, die Nahrungsquelle durch Verteidigen zu monopolisieren . Diese Art der Konkurrenz ist energieaufwendiger als die Ausbeutungskonkurrenz.
Bsp.: Gänse; erst Ausbeutungskonkurrenz bis eine bestimmte Grenze an Nahrung erreicht ist, dann Übergang zu Interaktionskonkurrenz, wobei ranghöhere Tiere zunächst damit beginnen, die rangniedereren zu verdrängen.
Sichern
Wenn ein Feind auftaucht, dann zeigen Gänse zunächst ein sehr auffälliges Verhalten. Damit soll dem Feind mitgeteilt werden, daß er entdeckt worden ist. Es wird mit dieser Strategie versucht, einen Kampf zu vermeiden. |