Verschiedene Typen von sozialen Strukturen
Tieransammlung
Diese entstehen durch äußere Faktoren (Nahrung, Wasser). Die Tiere kennen sich untereinander nicht. Bsp.: Tiere am Wasserloch
Anonyme Verbände
Dabei handelt es sich um offene Verbände , die durch soziale Attraktion zusammengehalten werden. (Beweis: Entfernt man z.B. Vogel aus dem Schwarm, versucht er immer wieder zurückzukommen). Zwischen den Tieren wird immer eine Individualdistanz eingehalten , die ausschließlich bei Gefahr oder Kälte unterschritten werden darf.
Individualisierte Verbände
Dabei sind die Mitglieder miteinander vertraut. Das Zusammenleben in der Gruppe ist durch eine Rangordung geregelt, nach außen hin wird die Gruppe verteidigt. Die Aufnahme von fremden Tieren in der Verband erfolgt erst nach Kämpfen.
Insektenstaaten
Es handelt sich dabei um absolut geschlossene Verbände, in die ein Tier hineingeboren wird und denen es ein Leben lang angehört. Die Rollen sind strikt verteilt.
Bsp.: Bienen › nur Königin ist fruchtbar und erzielt Sterilität der anderen durch Hormonabgabe / Drohnen, Arbeiterinnen haben spezielle Aufgaben.
› bei 4. & 5. handelt es sich um geschlossene Verbände, wobei man Insektenstaaten als anonyme Gruppen bezeichnet, da sich die Individuen untereinander nicht kennen, sie erkennen nur anhand des Nestgeruchs, daß ein Individuum zu ihrem Nest gehört.
Vor- und Nachteile des Gruppenlebens
Vorteile |
Nachteile |
|
|
Verminderung der Gefahr durch erhöhte Wachsamkeit in der Gruppe |
Höheres Risiko von Parasiten- und Krankheitsbefall |
Nahrungssuche leichter durch gemeinsame Jagd / gemeinsame Verteidigung der Beute / schnelleres Entdecken einer Nahrungsquelle |
Futterkonkurrenz / Futter muß geteilt werden. |
Verdünnungseffekt › je größer die Gruppen, um so geringer ist Wkt. für den einzelnen einem Feind oder Parasit zum Opfer zu fallen. |
Konkurrenz um Fortpflanzungsmöglichkeit |
Verwirrungseffekt › Räuber kann verwirrt werden |
|
Gemeinsame Verteidigung › Jungtiere in der Mitte der Herde, die schwächeren außen |
|
Temperaturregulation (Pinguine) |
|
Mechanismen der Koordination in Tiergesellschaften
Soziale Erleichterung : Sie führt zu einer Synchronisation des Verhaltens innerhalb einer Gruppe und bezeichnet eine Art „ansteckende Wirkung“ des Verhaltens von Einzeltieren.
Bsp.: Trinken an der Wasserstelle, Schreckreaktion beim Auftreten eines Feindes, Bereitschaft zum Aufbruch
Soziale Hemmung: Das Verhalten des einen hemmt die Ausführung des gleichen Verhaltens bei den übrigen Gruppenmitgliedern.
Bsp.: Das Leittier in einer Gruppe hemmt die Führungstätigkeit bei den übrigen Gruppenmitgliedern
Stirbt das Leittier, fällt die Hemmung weg › das Leittier wird ersetzt
Auf dem Prinzip der sozialen Hemmung beruht auch die Ausbildung einer Rangordnung . Sie regelt die Interaktion der Gruppenmitglieder und verhindert offene Auseinandersetzungen.
Dabei hängt der soziale Status eines Einzeltieres von dessen Größe, Alter, Kraft, Aggressivität und evtl. der Bindung an ein anderes ranghohes Tier ab.
Nachdem im offenen Kampf über die Ränge der Tiere entschieden worden ist, genügen Droh- und Demutsverhalten als wesentliche Strategien zur Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung.
Bsp.:
ranghohes Tier kommt, rangniedereres räumt seinen Platz
rangniederere Tiere können ohne Gegenwehr aggressiv behandelt werden. Ihre Gegenaggression ist fast vollständig gehemmt.
Ranghohe Tiere müssen aber auch die Verteidigung der Gruppe gegenüber Angreifern übernehmen.
In größeren Verbänden sind die Spitzenpositionen klar abgegrenzt, während die Basis nur noch grob oder gar nicht mehr gegliedert ist.
Nach den Prinzipien der sozialen Hemmung erfolgt auch die Einteilung in Territorien . Zunächst werden in aggressiven Auseinandersetzungen die Gebiete zunächst erkämpft und verteidigt. Sobald die Abgrenzung stattgefunden hat, beschränken sich die Nachbarn auf Drohverhalten. Erscheint jedoch ein Neuling an der Grenze, so kommt es zu erbitterten Auseinandersetzungen.
Altruismus
Darunter versteht man uneigennützige Handlungen, die für das Tier selbst nachteilig, für die Artgenossen im sozialen Verband aber von Vorteil sind.
Bsp.: Brutpflege- und Verteidigungsverhalten der sterilen Kasten im Insektenstaat
Die Evolution von Altruismus ist nur aufgrund von Verwandtenselektion möglich. Es tritt am ausgeprägtesten bei staatsbildenden Insekten auf. Diese leben in einer großen Familie zusammen, die alle von der selben Mutter abstammen. Alle Tiere haben deshalb zu einem großen Teil gemeinsame Gene und das Verhalten kommt so indirekt den eigenen Genen zugute.
Der direkten genetischen Eignung (Anzahl der eigenen Nachkommen) steht somit die indirekte genetische Eignung gegenüber, in der der Fortpflanzungserfolg der Verwanden, nach Verwandtschaftsgrad gewichtet, zum Ausdruck kommt.
Den Altruismus zwischen Verwandten bezeichnet man als Nepotistischer Altruismus.
Bsp.:
Verteidigt eine Mutter ihre Jungen, so kommt das auch den eigenen Genen zugute, da sie mit den Jungen 50% der Genen gemeinsam hat.
Arbeiterbiene hat mit der Königin mehr gemeinsame Gene als mit eigenen Jungen.
› Siehe auch Bestimmung desVerwandtschaftsgrades
Raupen leben in einer Gruppen, wenn eine Raupe einem Räuber zum Opfer fällt, dann steigert sie damit die Fitness der anderen Raupen aus dem Gelege.
Als Reziproken Altruismus bezeichnet man den Altruismus zwischen Nicht-Verwandten. Es stellt sich dabei aber die Frage, ob sich der andere tatsächlich revangieren. Dieses Verhaltensform beschränkt sich deshalb auch auf Tiere die sich gut kennen.
Bsp.: Vampirfledermaus gibt erfolglosem Tier Blut ab, da es nach 3 Tagen ohne Nahrung sterben würde.
Dabei muß der, mit dem geteilt wird, in mindestens 60% der Fälle am gleichen Schlafplatz geschlafen haben oder verwandt sein.
Nebenhenne schiebt der Haupthenne ein Ei unter. Für sie ist das die einzige Möglichkeit sich fortzupflanzen. Die Haupthenne legt diese Eier zum Schutz der eigenen an den Rand, wo sie Freßfeinden als erstes zum Opfer fallen.
Bei Vögeln gibt es Bruthelfer, die selbst keine eigenen Eier haben.
Bei Hausmäusen ziehen die Weibchen eines Männchens die Jungen gemeinsam in einem Nest auf. Alle Weibchen säugen die Jungen.
Gesamtfitness = Direkte Fitness + Indirekte Fitness |
Bestimmung des Verwandtschaftsgrades
Diploid-Diploide-Fortpflanzung:
Verwandtschaftsgrad Eltern-Kinder: 0,5
Verwandtschaftsgrad Großeltern-Enkel 0,125
Bei Insekten haben die Männchen einen Haploiden, die Weibchen einen Diploiden Chromosomensatz.
Haploid-Diploide-Fortpflanzung:
Verwandtschaftsgrad Eltern-Kinder 0,75 (Vater › 0,25+Mutter › 0,5)
Kommunikation
Alle Reize, die der Verständigung zwischen den Individuen dienen, werden als Signale oder Auslöser bezeichnet. Die Signale des Senders passen zu den Auslösemechanismen des Empfängers.
Signalhandlungen werden auch als Ausdrucksbewegungen bezeichnet, da sie eine Information über den Erregungszustand des Senders übermitteln.
Der Schwänzeltanz der Bienen enthält keine Information über den Erregungszustand der Senderin und ist deshalb keine Ausdrucksbewegung.
Arten der Kommunikation
Vögel locken ihre Jungen mit speziellen Lockrufen , bei Schafen halten Mutter und Kind durch Rufe Kontakt, in Gefahrensituationen genügt ein Signallaut eines Vogels um die ganze Gruppe auffliegen zu lassen.
Dominanz- und Beschwichtigungsverhalten regeln das Zusammenleben in Gruppen und verhindern unnötige Kämpfe, indem diese durch Signalhandlungen ersetzt werden. Bewegungen und Stellungen des Körpers spielen eine wichtige Rolle. (geduckt vs. Aufrecht)
Drohverhalten wirkt distanzvergrößernd. Es erfolgt entweder optisch (durch Präsentation des Körpers oder der Waffen) oder akustisch (durch Rufe)
Beschwichtigungshandlungen oder Demutsstellungen ermöglichen es dem unterlegenen Tier, in der Nähe des überlegenen zu bleiben. (Unterlegener Wolf läßt Schwanz hängen und duckt sich)
Morphologische Auslöser in Form von auffälliger Farbe und Form spielen hauptsächlich bei der Balz eine große Rolle.
Bsp.: Balzendes Birkhuhn zeigt den weißen Schwanz
Auf chemischem Weg werden Informationen über Pheromone weitergegeben.
Bsp.: Hunde erkennen sich am Geruch / Bienenkönigin hält die Arbeiterinnen unfruchtbar / Territorien werden durch Duftmarken abgegrenzt / Sexuallockstoffe beim Seidenspinner.
Zwischenartliche Signale sind meist weniger spezifisch und dienen der Feindabwehr oder regeln das Zusammenleben von Symbiosepartnern.
Bsp.: Augenfleck beim Schmetterling schützt vor Freßfeinden / Putzerfisch wird an der Farbe erkannt.
Ritualisierung und stammesgeschichtlicher Funktionswechsel
Signalhandlungen leiten sich häufig von Übersprungshandlungen oder Intentionsbewegungen ab und beruhen auf einer verstärkten Aktivierung des autonomen Nervensystems.
Aus Intensionshandlungen sind zum Beispiel Drohgebärden entstanden.
Bsp.: Aufstellen der Haare, Sträuben der Federn sind Signalhandlungen, die in Konfliktsituationen (Angst, Angriff) auftreten. / Zähnefletschen beim Hund ist Intensionsbewegung des Angriffs ebenso der geöffnete Schnabel beim Vogel.
Ritualisierte Übersprungshandlungen sind besonders während der Balz von Vögeln häufig.
Bsp.: Scheinputzen bei Entenerpeln während der Balz
Von infantilen Verhaltensweisen leitet sich das Betteln des Weibchens bei Singvögeln während der Balz ab. Das Weibchen gibt dabei die typischen Laute des Jungvogels von sich und bewegt sich auch so.
Beim stammesgeschichtlichen Funktionswechsel ändert sich die Bedeutung einer Handlung, während der Bewegungsablauf unverändert bleibt.
Bsp.: In der frühen Phase der Paarbildung reagieren die Partner noch aggressiv aufeinander. Diese Aggression muß zunächst zugunsten der Sexualbereitschaft abgebaut werden. Im Balzrepertoire sind deshalb häufig aggressive Signalhandlungen eingebaut.
Trends im Ritualisierungsprozeß
Übertreibung
Bsp.: Buntbarsch lockt Junge durch übertriebenen Davonschwimmbewegung
Wiederholung
Bsp.: Schwertträgermännchen schwimmen während der Balz vor dem Weibchen hin und her
zusätzliche morphologische Auslöser
Bsp.: Weißer Schwanzspiegel beim Birkhuhn
Damit soll erreicht werden, daß die Signalhandlungen auffälliger werden.
Weitere Trends:
Normierung
Damit soll erreicht werden, daß das Signal eindeutig und unverwechselbar wird. Dies kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden:
typische Intensität › die Handlung wird ausgeführt oder nicht
Bsp.: Grunzpfiff des Erpels
Reduktion auf typische Kompromisse bei ambivalenter Motivation
Bsp.: Möwe › Stößeln tritt bei einem Konflikt zwischen Angriffs- und Fluchtbereitschaft auf. Überwiegt Angriffsbereitschaft › Aufrechtstellung, überwiegt Bereitschaft zur Flucht › Vorwärtsstellung (Buch Abb. 26)
Variable Verhaltensfolgen erstarren zu formalisierten Bewegungen
Bsp.: Paarbildungszeremonieen
Der Nachteil liegt darin, daß durch die Normierung keine Information mehr über den Grad der Handlungsbereitschaft gegeben werden kann.
Eine viel differenziertere Verständigung zwischen Artgenossen ermöglichen graduierte Signalhandlungen, die besonders bei Säugetieren häufig auftreten.
Bsp.: In der Drohmimik des Hundes spiegelt sich graduell das Verhältnis von Angriffs- und Fluchtbereitschaft. |