In
der gärtnerischen und landwirtschaftlichen Praxis werden verschiedene
synthetische Stoffe verwendet, um das Wachstum der Pflanzen zu beeinflussen.
So wird z.B. ein künstlicher wachstumsfördernder Stoff, das 2,4-D
(die 2,4-Dichlorphenoxy-essigsäure), in Getreidefeldern als Unkrautbekämpfungsmittel
(Herbizid) angewendet. Die wuchsstoffempfindlicheren zweikeimblättrigen
Pflanzen wie Ackersenf und Hederich werden dadurch im Gegensatz zu den einkeimblättrigen
Getreidepflanzen zu abnormem und krankhaftem Wachstum angeregt und als Folge
davon zu vorzeitigem Absterben gebracht. Hierbei macht man sich die Kenntnis
der Wirkung natürlicher Wuchsstoffe in den Pflanzen zunutze.
Bei den Pflanzen werden nämlich, ähnlich wie bei den Tieren, die
Entwicklungsvorgänge von Substanzen gesteuert, die in geringen Mengen
wirksam sind und als Phytohormone bezeichnet werden. Sie haben teils fördernde,
teils hemmende Wirkung.
Die Hauptwirkung der Wuchsstoffe oder Auxine besteht in der Förderung
des Streckungswachstums. Das wichtigste Auxin ist die b-Indolylessigsäure
(Indol-3-Essigsäure), abgekürzt IES. Ihre wachstumsfördernde Wirkung läßt sich anschaulich an der Keimscheide (Koleoptile)
des Hafers demonstrieren, die seit einigen Jahrzehnten ein wichtiges Objekt
der Wuchsstoffforschung ist.
Die Koleoptile ist eine anfangs geschlossene
bleiche Hülle, die bei den Gräsern das Primärblatt umschließt.
Sie wird nur wenige Zentimeter lang und nach Abschluss ihres Wachstums
an der Spitze vom Primärblatt durchbrochen. Schneidet man die Koleoptilenspitze
ab, so wächst der verbleibende Koleoptilenstumpf nur noch geringfügig
weiter. Setzt man die abgeschnittene Spitze zunächst eine Weile auf
ein kleines Agarblöckchen und dieses dann ohne die Spitze einseitig
auf einen Koleoptilenstumpf, so wird an dieser Seite das Streckungswachstum
gefördert, und es kommt infolgedessen zu einer Krümmung zur entgegengesetzten
Seite.
Diese Vorgänge sind folgendermaßen zu erklären:
Beim ungestörten Wachstum wandert die IES in inaktiver Form aus dem
Getreidekorn in die Koleoptilenspitze, wird hier in die aktive Form umgewandelt
und wandert nun vertikal abwärts in die Wachstumszone der Koleoptile.
So kommt es zu gleichmäßig geradem Wachstum. Bei Verlust der
Spitze gelangt kein Wuchsstoff mehr in den Stumpf. Aus der dem Agarblöckchen
aufgesetzten Koleoptilenspitze diffundiert der Wuchsstoff in dieses hinein.
Je mehr Wuchsstoff in ihm aufgefangen wird, desto stärker krümmt
sich der Koleoptilenstumpf, dem das Agarstückchen einseitig aufgesetzt
wird. Man kann diesen Versuch also auch zur quantitativen Bestimmung des
IES-Gehalts verwenden. Wenn jedoch ein bestimmtes Maß der Konzentration
von IES auf dem Agarblöckchen überschritten wird, wird die Krümmung
nicht mehr stärker und das Wachstum kann ganz aufhören, da eine
zu hohe Konzentration eines Hormones plötzlich die gegenteilige Wirkung
erzielen kann.
Die Bildungsorte der IES sind vorwiegend die Spitzen der Hauptsprosse sowie
junge Blätter. Von hier wird sie, entweder von Zelle zu Zelle oder
im Siebteil der Leitungsbahnen, an die Wirkungsstätte gebracht. Bei
den Holzpflanzen z.B. wird im Frühjahr der Wuchsstoff von den austreibenden
Knospen zum Kambium transportiert, wo er Zellteilungen auslöst. Im
Blatt verhindert IES das vorzeitige Ablösen des Blattstiels von der
Sproßachse. Man kann dies nachweisen, indem man nach Abschneiden der
Blattspreite auf den Blattstiel Wuchsstoffpaste aufträgt. Der Blattstiel
bleibt dann an der Pflanze.
Durch äußere Anwendung von IES kann die Bewurzelung von Stecklingen
gefördert werden.
Eine andere Anwendungsmöglichkeit besteht darin,
dass sich bei Gurken, Äpfeln und Tomaten durch Besprühen
mit IES die Fruchtbildung ohne vorausgegangene Befruchtung auslösen
läßt (Parthenokarpie).
Eine andere wichtige Gruppe von Pflanzenhormonen sind die Gibberelline.
Man wurde in den 20er Jahren in Ostasien auf sie durch einen parasitischen
Pilz aufmerksam, der Reispflanzen befällt und durch ausgeschiedenes
Gibberellin zu starkem Wachstum anregt. Inzwischen weiß man, daß
Gibberelline auch in höheren Pflanzen weit verbreitet sind und vielfältige
Wirkungen hervorrufen können. Eine Hauptwirkung ist die Förderung
des Längenwachstums. Ahnlich wie die IES regen Gibberelline außer
der Zellstreckung auch die Zellteilung an, so z.B. im Kambium der Laubhölzer
im Frühjahr. Der ansteigende Gibberellingehalt ihrer Knospen gegen
Ende des Winters führt zu deren Austreiben.
Bisher hat man mehr als 50 Gibberelline aus vielen Pflanzenarten isoliert.
Das bekannteste und sowohl im Experiment als auch in der Praxis am häufigsten
verwendete Gibberellin ist die Gibberellinsäure (GA3).
Wenn die Licht und Temperaturverhältnisse ideal sind, wird im Scutellum
Gibberellinsäure produziert, die dann zu den Aleuronzellen transportiert
wird, wo sie diese aktivieren und zur a-Amylaseproduktion anregen. Dieses
Enzym spaltet Amidon in Maltose, die dann von dem Enzym Maltase in Glukose
gespalten wird. Amidon ist eine Reservesubstanz in den Samen, die jedoch
als solche für die Samen nicht zugänglich sind und zuerst über
den oben beschriebenen Mechanismus in Glukosemoleküle umgewandelt werden
muss.
Die Cytokinine sind eine Gruppe von Phytohormonen, die die Zellteilung
anregen. Sie fördern das Austreiben der Knospen und verzögern
den Alterungsprozess der Blätter.
Die genannten drei Gruppen von Phytohormonen fördern durchweg Stoffwechsel
und Wachstum. Abscisinsäure und Ethylen dagegen sind Hemmstoffe für
diese Vorgänge. In den Knospen bewirken sie die Winterruhe, in ruhenden
Samen verhindern sie die Keimung. Sie werden in alternden Blättern
und reifenden Früchten gebildet und bewirken den Blatt- und Fruchtfall.
Die Phytohormone wirken meist nicht für sich allein, sondern oft im
teils gleich-, teils gegensinnigen Zusammenspiel. |