- Das ABO-System
- Entdeckung und Nachweis
- Vererbung
- ABO-Blutgruppenhäufigkeiten und Bedeutung
- Genfrequenzen
- Das Rhesus-System
- Entdeckung und Nachweis
- Vererbung
- Rhesus-Inkompatibilität
- Genfrequenzen
Das ABO-System
Entdeckung und Nachweis
Das ABO-Blutgruppensystem wurde 1901 von Landsteiner entdeckt.
Ausgangslage: Es herrschte Krieg und viele Leute benötigten Blutkonserven.
Man merkte, dass viele Blutempfänger sofort starben, als man ihnen
fremdes Blut gab. › Blutgruppenunverträglichkeit!
Agglutinationsreaktion: Zwischen den Blutkörperchen eines Menschen
und dem Serum eines anderen Menschen kann es zu einer Agglutination (Verklumpung)
kommen!
Es gibt 4 verschiedene Blutgruppen: A, B, AB, O
Diese verschiedenen Blutgruppen beschreiben je eine Oberflächenbeschaffenheit
der Erythrozyten. An ihrer Oberfläche befinden sich verschiedene Antigene
(Glycoproteine an der Membran), welche die 4 Blutgruppen definieren.
Im Serum des menschlichen Blutes befinden sich Antikörper (Gamma-Globuline).
Sie kommen natürlich vor. Sie werden ungefähr 3 - 6 Monate
nach der Geburt gebildet.
Die Antikörper (Ak) greifen fremde Erythrocyten (Antigen Ag) an und
inaktivieren sie › Agglutination
ABO - Inkompatibilität
Agglutinationsreaktion nur zwischen den Antigenen auf den Erythrozyten
des Spenders und den Antikörpern im Serum des Empfängers!
+ = Agglutination
Spenderschema:
Es findet eine Immunreaktion statt, wenn der Empfänger in seinem
Blutserum Antikörper gegen die Antigene auf den Erythrozyten des Spenders
hat.
Blutgruppe 0 kann jedem Spenden (=Universalspender), AB kann von jeder
anderen Blutgruppe empfangen (=Universalempfänger). AB kann von jeder
anderen Blutgruppe empfangen, weil sie keine Antikörper im Serum haben
(hätten sie Antikörper im Blut, würden sie ja ihre eigenen
Erythrozyten angreifen).
Weshalb kommt es zu keiner Immunreaktion, wenn 0 z. B. A spendet. 0 ist
ja im Besitz von Antikörpern gegen A?
- Das Blut (und somit auch die Antikörper) des Spenders 0 werden
im Kreislauf des Empfängers A stark verdünnt.
- Die Antikörper des Spenders werden von den Wänden (Endothel)
der Blutgefässe adsorbiert.
Heutige Verfahren bei der Blutspende:
- Transfusionen von Frischblut nur noch innerhalb derselben Blutgruppe
(auch deshalb, weil es sonst irgendwann zuwenig 0-Spernderblut hätte,
da 0 Universalspender ist).
- Herstellung von Blutersatz (Plasma), getrocknet; die Antigene sind
weg und es kann zu keiner Agglutination mehr kommen
Vererbung
Vererbung: autosomal (Chromosom 9; q34); dominant bzw. kodominant
ABO-Blutgruppenhäufigkeit und Bedeutung
Die Häufigkeiten der Blutgruppen sind von Kontinent zu Kontinent verschieden.
Es gab einmal eine These über Selektionsvorteile bzw. -nachteile,
diese konnte aber nie bewiesen werden (Widersprüche).
AB0-Blutgruppenhäufigkeit in %:
Gründe für diese unterschiedlichen Häufigkeiten:
- Gendrift (??)
- Eventuelle Selektionsvorteile
- 0 war wahrscheinlich anfälliger auf die Pest, A auf Pocken
Bedeutung der AB0-Gruppen:
- Zwischenfälle bei Bluttransfusionen zwischen unverträglichen
Blutgruppen
- Vaterschaftsporzesse: Wenn man den Rhesus-Faktor auch noch berücksichtigt,
kann man bei günstiger Konstellation Vaterschaften ausschliessen
(siehe Beispiele Praktika)
- AB0 - Inkompatibilität: Kinder von 0-Müttern könnten
gefährdet sein!! Beispiel: Mutter 0 / 0, Kind A / 0 oder B / 0. Wenn
nun foetales Blut in den mütterlichen Organismus gelangt, wird durch
die Antigene auf den Erythrozyten des Kindes eine Immunreaktion gegen
diese hervorgerufen. Das wird vor allem für das zweite Kind ein gefährliches
Problem!
Genfrequenzen
Nach dem Hardy-Weinberg Gesetz kann man aus den Phänotypenhäufigkeiten
die Frequenz der Genotypen berechnen.
p = Frequenz des Allels A
q = Frequenz des Allels B
r = Frequenz des Allels 0
Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die Verhältnisse
konstant bleiben:
- Kein Gendrift
- Grosse Population
- Keine Selektionsvorteile
- Keine vermehrte oder verminderte Paarung bestimmter Genotypen
Kreuzungsschema mit den verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten (man
erhält die möglichen Genotypen, die Phänotypenfrequenzen
sind bekannt): ergibt die Genfrequenzen!
Phänotyp in der CH (bekannt):
Berechnung der Genfrequenzen:
A: 30%
B: 6%
0: 64%
Beispiel: Wieviel % der Bevölkerung sind homozygot für B?
B = q2 (homozygot) + 2qr (heterozygot)
B / B = q2 = (0.06) 2 = 0.0036 › 0.36 %
Es sind also 0.36 % der Bevölkerung, die homozygot für B sind!
Das Rhesus-System
Entdeckung und Nachweis
Das Rhesus-System wurde 1940 von Landsteiner (welcher ebenfalls das ABO-System
gefunden hat) und Wiener entdeckt.
Nachweis des Rhesus-Systems:
Man nimmt Blut des Rhesusaffen, welches ein Antigen enthält, das dem
des Menschen sehr ähnlich ist. Man injiziert das Blut in ein Kaninchen,
so dass dieses Antikörper gegen das Antigen entwickelt.
Kaninchenserum mit Antikörper + norm. Erythrozyten ›
Agglutination ca. 85 %
Kaninchenserum mit Antikörper + norm. Erythrozyten ›
keine Agglutination ca. 15%
Enthält das menschliche Blut das dem Rhesusaffen verwandte Antigen
Rh+, so kommt es zu einer Agglutination und man sagt, die Person
sei Rhesus positiv.
Ist dieses Antigen nicht im menschlichen Blut vorhanden, kommt es nicht
zur Agglutination und die Person ist Rhesus negativ.
Vererbung
Vereinfacht gesagt ist das Rhesus-System autosomal, dominant und monofaktoriell!
Es liegt auf Chromosom Nr. 1. Rh+ › Rh-
In Wirklichkeit gibt es mehrere Allele: RhC, RhD,
RhE
Rhesus - Genkomplexe:
D = Standart-Antigen, das über Rh+ oder rh-
Eigenschaft entscheidet:
wenn D gross geschrieben: Rh+
wenn d klein geschrieben: rh-
Rhesus Inkompatibilität
a) Transfusionszwischenfälle
Wird einem Rh- Menschen Rh+ - Blut (mit Antigenen)
injiziert, so produziert dieser Antikörper als Immunreaktion.
Bei der 2. Rh+ - Bluttransfusion greifen die nun schon vorhandenen
Antikörper das Antigen im zugeführten Blut an und es kommt zu
einer Agglutination. Als verstärkender Effekt kommt dazu, dass es sofort
zur erneuten Bildung von noch mehr Antikörpern kommt (= Erinnerungseffekt).
Als Resultat ist der Betroffene von starker Gelbsucht (manchmal auch mit
Todesfolge) befallen.
b) Rhesusfall
Erythroblastis fetalis: Bei Neugeborenen sind die Erythroblasten unreif
und können das O2 nur beschränkt transportieren. ›
Anämie
Siehe Beilage 19/46: Rhesus - Inkompatibilität
Ergänzung zur Beilage:
Beim 2. Kind sind die Antikörper schon da!
Auch wenn beim ersten Kind während der Schwangerschaft keine Rh+
Erythrozyten Passage stattgefunden hat, kommt es trotzdem oft bei der Geburt
zu einer Blutvermischung.
Wiederhohlungsimmunisierung: das bedeutet, dass bereits geringste Anitgen-Mengen
bei der üblichen foetomaternalen Erythrozyten-Passage genügen
für eine beschleunigte Antikörper-Produktion bei der Mutter.
Der Rhesus-Konflikt tritt auf, wenn die Mutter Rh- und das Kind
Rh+ ist.
Die Folgen dieser Unverträglichkeit: Morbus haemolyticus (Erythroblastis
fetalis): immunologisch bedingte Hämolyse-Erkrankung des Foeten (M.
h. fetalis) beziehungsweise des Neugeborenen (M. h. neonatorium).
Schädigungsmuster: Totgeburten, schwere körperliche Schädigungen,
Gelbsucht, Tod
Therapie:
Bei schwangeren Frauen wird die Antikörper-Menge im Blutserum gemessen
und allenfalls eine Frühgeburt eingeleitet.
In den ersten zwei Stunden nach der Geburt macht man beim Neugeborenen eine
Volltransfusion mit antikörperfreiem Blut!
Prophylaxe:
Nach der Geburt des 1. Rh+ - Kindes wird der Mutter Anti -
D - Serum (= Rh+ Antikörper Konzentrat) injiziert.
Diese Antikörper inaktivieren die kinklichen Rh+ Erythrozyten
in der Mutter, bevor das mütterliche Immunsystem aktiviert wird.
Wenn die Mutter Rh+ ist und das Kind Rh- gibt es
keine Probleme! Das Immunsystem des Kindes entwickelt sich erst 6 Monate
nach der Geburt, der Foetus kann noch keine Antikörper produzieren.
Genfrequenzen
Genfrequenz von Rh+ und Rh-:
In Europa: p für Rh+ = 0.6
q für Rh- = 0.4
Konfliktwahrscheinlichkeit für Rhesus - Inkompatibilität
Konfliktmöglichkeit besteht nur, wenn die Mutter rhesusnegativ (Rh-)
und das Kind rhesuspositiv (Rh+) ist.
Konfliktwahrscheinlichkeit in europäischer Bevölkerung
(bei p für Rh+ = 0.6; q für Rh- =0.4)
Totale Konfliktwahrscheinlichkeit (theoretisch): 0.0576 + 0.0384 = 0.096
= 9.6 %
Reale Anzahl beobachteter Rhesus-Fälle: ca. 0.5 %
Warum ist die Anzahl der realen Rhesusfälle 0.5 % und nicht 9,6 %?
- Weil das 1. Kind in der Regel nicht betroffen ist, da es erst bei der
Geburt zu einem Blutaustausch kommt. Die Plazenta ist normalerweise undurchlässig
für Erythrozyten.
- Weil für eine Immunreaktion eine Mindestmenge an kindlichem Blut
nötig ist: mind. 10 ml
- Weil es bei der Geburt nicht zwangsläufig zu einer Blutvermischung
kommen muss
- Weil die Therapie (Frühgeburt einleiten; evtl. voller Blutaustausch
beim Kind) und die Prophylaxe (Behandlung der Mutter mit Antikörpern)
gut funktionieren!
Heute ist das Rhesus-Problem weitgehend verschwunden!
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